In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und Rezession wird das Thema „finanzielle Sicherheit“ für viele von uns immer präsenter. Nicht nur der eigene Sparplan, sondern auch größere finanzielle Entscheidungen wie Erbschaften oder Schenkungen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Vermögen zu erhalten oder weiterzugeben. Insbesondere in Deutschland gibt es strenge Regeln, die bestimmen, wie solche Übertragungen besteuert werden und welche Freibeträge dabei zur Verfügung stehen. Das Ziel ist dabei, Dein Vermögen möglichst steueroptimiert an die nächste Generation weiterzugeben oder im Rahmen von Schenkungen langfristig zu verteilen.
In diesem Beitrag möchte ich Dir die wichtigsten steuerlichen Aspekte rund um das Thema „Erbschaft und Schenkung“ näherbringen. Dabei werde ich erklären, wie Du Freibeträge optimal nutzen kannst und welche steuerlichen Fallstricke es zu vermeiden gilt.
1. Der Unterschied zwischen Erbschaft und Schenkung
Zunächst einmal sollten wir den Unterschied zwischen einer Erbschaft und einer Schenkung klären:
- Erbschaft: Hierbei handelt es sich um Vermögen, das nach dem Tod einer Person an deren Erben übergeht. Dies kann sich um Geld, Immobilien, Wertpapiere oder andere Vermögensgegenstände handeln.
- Schenkung: Eine Schenkung ist eine Vermögensübertragung zwischen lebenden Personen. Häufig werden größere Vermögen schon zu Lebzeiten an Kinder oder Enkelkinder weitergegeben, um Steuern zu sparen oder Streitigkeiten im Erbfall zu vermeiden.
In beiden Fällen erhebt der Staat Steuern. Allerdings gibt es Freibeträge, die dazu dienen, zumindest einen Teil des Vermögens steuerfrei zu übertragen. Die Höhe der Freibeträge und die Steuersätze hängen stark vom Verwandtschaftsgrad zwischen Schenkendem/Verstorbenem und Empfänger ab.
2. Erbschafts- und Schenkungssteuer: Die Grundlagen
Deutschland erhebt sowohl auf Erbschaften als auch auf Schenkungen Steuern. Diese beiden Steuerarten sind inhaltlich sehr ähnlich, sodass die Freibeträge und Steuersätze in beiden Fällen fast identisch sind. Das deutsche Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) regelt die Besteuerung von Vermögensübertragungen.
Die gute Nachricht: Nicht jede Erbschaft oder Schenkung wird sofort versteuert. Es gibt großzügige Freibeträge, die je nach Verwandtschaftsgrad unterschiedlich hoch ausfallen. Erst wenn der Wert des Vermögens die Freibeträge übersteigt, fällt eine Steuer an.
3. Steuerklassen und Freibeträge
Ein zentraler Aspekt der Erbschafts- und Schenkungssteuer sind die Steuerklassen. Der Verwandtschaftsgrad zwischen dem Schenkenden oder Verstorbenen und dem Empfänger bestimmt, in welche Steuerklasse der Erbe oder Beschenkte fällt. Je näher Du dem Schenkenden stehst, desto höher ist Dein Freibetrag und desto niedriger der Steuersatz.
Die Steuerklassen sind in Deutschland wie folgt unterteilt:
Steuerklasse I:
- Ehepartner und eingetragene Lebenspartner: Freibetrag von 500.000 €
- Kinder (leibliche und adoptierte): Freibetrag von 400.000 €
- Enkelkinder: Freibetrag von 200.000 €
- Urenkel und Eltern (bei Erbschaft): Freibetrag von 100.000 €
Steuerklasse II:
- Geschwister, Neffen, Nichten, Schwiegereltern, Schwiegerkinder, geschiedene Ehepartner: Freibetrag von 20.000 €
Steuerklasse III:
- Alle übrigen Personen (Freunde, entfernte Verwandte, Nicht-Verwandte): Freibetrag von 20.000 €
Je weiter der Verwandtschaftsgrad entfernt ist, desto geringer sind also die Freibeträge. So beträgt der Freibetrag für Ehepartner und Kinder mehrere hunderttausend Euro, während er für entfernte Verwandte und Freunde auf 20.000 € limitiert ist.
4. Schenkung und Freibeträge optimal nutzen
Ein wesentlicher Vorteil der Schenkung gegenüber der Erbschaft liegt darin, dass Du die Freibeträge mehrfach nutzen kannst. Während bei einer Erbschaft nur einmal der Freibetrag zur Anwendung kommt, kannst Du bei Schenkungen alle 10 Jahre erneut den Freibetrag in Anspruch nehmen. Das bedeutet, dass Du in regelmäßigen Abständen größere Vermögenswerte steuerfrei übertragen kannst, wenn Du frühzeitig planst.
Beispiel: Du möchtest Deinem Kind 1 Million Euro schenken. Da der Freibetrag für Kinder bei 400.000 € liegt, wären die ersten 400.000 € steuerfrei. Die verbleibenden 600.000 € würden besteuert werden. Wenn Du jedoch die Schenkung auf zwei Phasen aufteilst, also zunächst 400.000 € und nach 10 Jahren nochmals 400.000 €, kannst Du insgesamt 800.000 € steuerfrei übertragen.
5. Die Steuersätze
Sollte der Wert der Erbschaft oder Schenkung den jeweiligen Freibetrag übersteigen, wird der überschüssige Teil besteuert. Die Höhe des Steuersatzes hängt ebenfalls vom Verwandtschaftsgrad und damit von der Steuerklasse ab. Die Steuersätze variieren dabei zwischen 7% und 50%.
Steuersätze in Steuerklasse I:
- Bis 75.000 €: 7%
- Bis 300.000 €: 11%
- Bis 600.000 €: 15%
- Bis 6.000.000 €: 19%
- Bis 13.000.000 €: 23%
- Bis 26.000.000 €: 27%
- Über 26.000.000 €: 30%
Steuersätze in Steuerklasse II und III:
Die Steuersätze sind hier höher, besonders in Steuerklasse III, wo sie bis zu 50% betragen können. Daher ist es sinnvoll, das Vermögen innerhalb der Familie zu übertragen, um von den niedrigeren Steuersätzen und höheren Freibeträgen zu profitieren.
6. Besondere Regelungen für Immobilien
Immobilien nehmen bei Erbschaften und Schenkungen eine Sonderstellung ein. Wer eine Immobilie erbt oder geschenkt bekommt, muss deren Wert ebenfalls versteuern. Doch es gibt einige Ausnahmen:
- Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner, die im vererbten Familienheim bleiben, können die Immobilie unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei erben, sofern sie darin für mindestens 10 Jahre weiterhin wohnen bleiben. Das Gleiche gilt für Kinder, wenn die Wohnfläche der Immobilie 200 m² nicht übersteigt.
- Für vermietete Immobilien gibt es ebenfalls Steuererleichterungen. Hier kann ein Teil des Wertes unter bestimmten Bedingungen von der Steuer befreit werden.
7. Vorweggenommene Erbfolge
Eine gängige Strategie, um Erbschaftssteuer zu vermeiden oder zu reduzieren, ist die vorweggenommene Erbfolge. Dabei handelt es sich um die Übertragung von Vermögenswerten zu Lebzeiten, meist in Form von Schenkungen. Dies bietet Dir nicht nur steuerliche Vorteile, sondern auch Flexibilität, da Du bestimmte Auflagen wie ein Nießbrauchrecht vereinbaren kannst, das Dir die Nutzung der Vermögenswerte bis zu Deinem Lebensende sichert.
8. Fazit: Strategische Planung für weniger Steuern
Das Thema Erbschaft und Schenkung ist komplex, aber auch eine Möglichkeit, um in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Vermögen langfristig zu sichern und zu übertragen. Der Schlüssel liegt darin, frühzeitig zu planen und die Freibeträge optimal zu nutzen. Vor allem bei größeren Vermögenswerten lohnt sich eine strategische Vermögensplanung, um unnötige Steuern zu vermeiden und sicherzustellen, dass das Vermögen im Familienkreis bleibt.
Eine wichtige Empfehlung lautet: Hol Dir professionelle Beratung durch einen Steuerberater oder Anwalt, der sich auf Erbschafts- und Schenkungsrecht spezialisiert hat. Denn nur so kannst Du sicherstellen, dass alle steuerlichen Möglichkeiten ausgeschöpft und Fallstricke vermieden werden.
In den kommenden Beiträgen dieser Serie werde ich noch tiefer in weitere finanzielle Grundlagen einsteigen und Dir weitere wertvolle Tipps geben, wie Du auch in Krisenzeiten finanziell sicher und gut aufgestellt bleiben kannst.